4.5.15

8 wichtige Momente

Erstens: Wolfram von Eschenbach läßt den Namen des Gralssuchers und Gralskönig Parzival »Schneid' mitten durch« (Percavel: Schneid' gut) bedeuten. Das altprovenzalische Wort Trencavel besagt dasselbe. Wolfram von Eschenbach hat den Carcassonner Vizegrafen Raimund-Roger Trencavel als Parzival besungen!

Zweitens: Trencavels Mutter hieß Adelaide. Sie ist das Vorbild für Wolframs Herzeloyde gewesen. Denn Adelaide war, bevor sie Raimund-Rogers Vater die Hand zum Ehebund reichte, von dem Aragonierkönig Alfonse le Chaste, Alfons dem Keuschen, umworben worden. Dieser König le Chaste muß für Wolframs »König Kastis«, dem verstorbenen Verlobten Herzeloydes, Vorbild gewesen sein!

Drittens: Adelaide und ihr Sohn waren der Ketzerei ergeben. Sie lehnten das Kreuz als Heilszeichen ab. Der Gral war, diese Erkenntnis habe ich gewonnen, das ketzerische Glaubenssymbol! Er ist, wie Wolfram von Eschenbach mehrmals sagt, von Reinen auf Erden gelassen worden. Damit hat er die Katharer gemeint, denn Katharer heißt verdeutscht Reine!

Viertens: Wolfram von Eschenbach nennt den Gralskönig Anfortas, dessen Leiden Parzival beendet, einen »guotman« und »guoten man«. Es wurden die Katharer von ihren Anhängern und Förderern als Gutmänner oder Bonshommes geehrt…!

Fünftens: Wolfram von Eschenbach behauptet, die wahre Sage vom Gral sei aus der Provence, also aus Südfrankreich, nach Deutschland gekommen! Der welsche Dichter Kyot von Provenze habe ihm die Mär vermittelt. Nun weilte um die zwölfte Jahrhundertwende ein Troubadour namens Guiot von Provins am Carcassonner Hof als Gast. Dieser fahrende Sänger ist Wolframs Kyot gewesen und hat, wie es damals gang und gäbe war, dem Hause Trencavel seinen Dank dadurch abgestattet, daß er seine Gastgeber, Adelaide und ihren Sohn Raimund-Roger Trencavel, als Herzeloyde und Parzival besungen, und Wolfram hat die Vorlage von Guiot, seinem Kyot, übernommen.

Sechstens: Adelaide von Carcassonne und ihr Sohn Trencavel waren mit der Gräfin Esclarmonde von Foix nahe verwandt. Diese war als Herrin der Burg Montségur die Herrin der Gralsburg Munsalvatsche! Im Wolframschen »Parzival« ist sie als Repanse de Schoye wiederzufinden, die allein den Gral tragen darf und Parzivals Base ist.

Siebtens: Wolfram von Eschenbach und der Troubadour Guiot von Provins können sich zu Mainz kennengelernt haben, denn beide haben hier zu gleicher Zeit geweilt, anläßlich eines von Friedrich Barbarossa veranstalteten Ritterfestes. Damit soll nicht gesagt sein, daß die Gestalten des Parzival und der Herzeloyde Schöpfungen des Dichters Kyot-Guiot seien, denn die Mären vom Gral und vom Parzival waren damals ungemein verbreitet und beliebt. Sie lassen überdies auf ein viel höheres Alter als siebenhundert Jahre schließen. Ich sage nur, daß Kyot-Guiot seine Gastgeber als eine Herzeloyde und als einen Parzival besungen hat.

Achtens: Wohl hat Rom die Schriften der Katharer vernichtet, wir besitzen aber in Wolframs »Parzival« eine zweifellos vom Katharertum diktierte Dichtung!
Kapitel "Carcasonne"
Otto Rahn

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